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IMMIGRATION / EMIGRATION -

ABENTEUER SEIT HUNDERTEN VON JAHREN

Die Kinder der Johanna Trost

1880 - eine Familie zwischen Sulzdorf, Wien und Buffalo

Johanna Trost geb. Schneider war die Witwe des Johannes Trost „gewesenen Bedienten und Zeigers im Schießhaus in Ludwigsburg“ und starb am 29. Juli 1880 in Suldzdorf. Hier hatte sie ihre letzten Lebensjahre im Haushalt ihrer Tochter verbracht, deren Ehemann ein Bediensteter der württembergischen Eisenbahnen war. So bildete das Dorf bei Schwäbisch Hall den „Knotenpunkt“ der Verbindungen der verschiedenen Familienmitglieder in den USA und in Österreich.

Sechs Kinder von Johanna und Johannes Trost hatten das Erwachsenenalter erreicht, vier von Ihnen waren ausgewandert, teils in die USA, teils nach Österreich. Die Akten zur „Realteilung“ des mütterlichen Nachlasses gibt eine Momentaufnahme ihrer Aufenthaltsorte und Schicksale, die in den amtlichen Unterlagen erhaltenen privaten Briefe der erlauben weitere Einblicke und weisen darüber hinaus auf Konflikte, die aus den Unwägbarkeiten der Kommunikation über große Distanzen entstehen konnten.

Der älteste Sohn, Karl Trost (* 18. Januar 1848 in Stuttgart) war 1854 in die USA ausgewandert. Zusammen mit seiner aus Ludwigsburg  stammenden Frau Emma geb. Rode ließ er sich in Buffalo im Bundesstaat New York nieder und betrieb in der Seneca Street 762 einen „Kaufladen“. Das Ehepaar hatte sechs Kinder, deren Taufbescheinigungen in der Realteilung der Mutter erhalten sind. Karl Trost starb am 14. November 1876 in Buffalo bei einem Gasunfall. Seine Witwe führte das Geschäft weiter, und es gelang ihr, die Familie durchzubringen. Die Kinder und deren Familien sind in den Censuslisten bis 1940 erfasst. Im Jahr 1920 wohnte Emma Trost, inzwischen 84 Jahre alt, bei ihrer Tochter Emma Schott geb. Trost in Buffalo Ward 5, Erie, New York. Die Nachfahren des Ehepaares lassen sich noch über mehrere Generationen verfolgen (s. Dokument 1).  Ein Brief von Emma Trost aus dem Jahr 1876 an die Schwiegermutter schildert den Tod Karls und die Lage der Familie (Dokument 2). Eine Reihe von Dokumenten zu seiner Familie haben sich in der Pflegschaftsakte über das seinen Kindern zugefallene (groß-)mütterliche Erbe erhalten, unter anderem ein Totenschein für ihn selbst und Taufbescheinungen der Kinder.

Etwas weniger ist über Oskar Trost zu erfahren, einen jüngeren Bruder von Karl Trost . Geboren am 20.September 1838 in Ludwigsburg, wanderte im Juli 1865 im Alter von 27 Jahren aus, wobei der ältere Bruder eine maßgebliche Rolle gespielt haben dürfte. Die Reise in die USA erfolgte mit dem Schiff „Teutonia“ ab Hamburg. Als Beruf gab er „Goldzieher“ an. Er lebte in Buffalo ganz in der Nähe seines Bruders, 1880 ist zu erfahren, dass er verheiratet war und als Maler arbeitete. Die Eheschließung scheint 1869 erfolgt zu sen. Seine Schwägerin Emma, Witwe seines Bruders Karl, schrieb 1876 nach Hause, er habe zwei Kinder, zwei weitere seien tot geboren worden bzw. nach der Geburt gestorben.

Zwei Schwestern der USA-Auswanderer hingegen lebten 1880 in Wien, der Hauptstadt des Kaiserreichs Österreich-Ungarn. Wilhelmine Schenk geb. Trost (geb. 4. April 1833 in Stuttgart) war mit dem Klaviermacher Anton Schenk verheiratet und lebte im V. Gemeindebezirk Margarethen in der Wimmergasse. In der österreichischen Hauptstadt war sie mindestens seit 1869 ansässig. Aus diesem Jahr stammt ein Brief an ihre Mutter, in dem sie sich u.a. zu den Lebensumständen in Wien äußert (Dokument 3). 1880, beim Tod ihrer Mutter, lebte sie offenbar in recht ärmlichen Verhältnissen, da ihr Mann und sie selbst krank waren und wenig oder nichts verdienten (Dokument 4).  Die bürokratischen Mühsale der Erbangelegenheit sind Thema eines weiteren Briefs (Dokument 5).

Im selben Haus wie sie war auch ihre Schwester Karoline Tóth geb. Trost (geb. 6. Sept. 1843 in Ludwigsburg) wohnhaft. Sie war Witwe des offenbar ungarischstämmigen Schriftgießers Karl Toth (Eheschließung 1869) und hatte drei Kinder (Arpad, 10 Jahre alt, Johanna, 6 Jahre alt, Liese, 16 Monate alt), ein viertes, „mein Minerl“, war laut einer Postkarte an die Mutter im Alter von zwei Jahren 1880 verstorben; die Witwe hatte mit den drei anderen „noch genug zu thun bei diesen schweren Zeiten.“ Ihr Mann war am 23. Februar 1872 verstorben. 1880 lebte sie laut den Erhebungen der Wiener Polizei mit einem Herrn Humor zusammen, ohne mit diesem verheiratet zu sein. Dieser dürfte wohl auch der Vater ihrer jüngeren Kinder gewesen sein. Ihre ebenfalls ärmlichen Lebensumstände werden immer wieder in den Briefen ihrer Schwester Wilhelmine erwähnt.
    
In der württembergischen Heimat waren zwei Töchter geblieben. Adolphine Bayer geb. Trost (geb. 17. Mai 1840 in Ludwigsburg) war die Ehefrau des Eisenbahn-Stationsmeisters Karl Bayer in Sulzdorf. 1880 bereits verstorben war Emilie Dehn geb. Trost (geb. 15. Dez. 1844 in Ludwigsburg), Ehefrau des Malers Gottlieb Dehn in Bönnigheim. Sie hatte einen 1866 geborenen Sohn namens Karl.  

 

Dokument 1: Die Nachfahren von Karl Trost in den USA (nach Recherchen von Margret Birk)

 

1. Louis Trost, geb. 1860, verh. mit Ella Trost, Beruf : barber = Frisör, später truant officer, city (zuständig für Schulverweigerung), 4 Kinder    
    1.1. Willard C. Trost, geb. 1885, verh. mit Emma L. Trost;  1 Sohn: Norman geb. 1916
    1.2. Milton Trost, geb. 1884
    1.3. Clarence Trost, geb. 1887
    1.4. Irving Trost, geb.1889, verh. mit Gertrude Trost;  2 Kinder: Irving C.W. Frost (Trost?), geb. 1914, und Dorothy Frost(Trost?), geb. 1919
2. Oscar Trost, geb. 1864, verh. mit Amelia Trost, geb. 1865, 2 Kinder     
    2.1. Oscar A. Trost, geb. 1898, verh. mit Loretta Trost, geb. 1899; 1 Sohn Richard, geb. 1920
    2.2. William F. Trost, geb. 1905, verh. mit Elizabeth Trost, geb. 1907; 4 Kinder: William F. Trost, geb. 1927, Jean E. Trost, geb. 1928, Floyd F. Trost, geb. 1929, Eleanor Trost, geb. 1929.
3. William J. Trost, geb. 1866, verh. mit Elizabeth M. Trost, 2 Kinder    
    3.1. Esmeralda C. Trost, geb. 1896
    3..2.William M. Trost, geb. 1899
4. Adolph Trost, geb. 1862, verh. mit ?,  1 Tochter    
    4.1. Charlotte A. Trost, geb. 1891.
5. Emma Schott geb. Trost, geb. 1868, verh. mit Edmund R. Schott, geb. 1860, 1 Sohn    
    5.1. Edmund A. Schott, geb. 1898, verh. mit Edna Schott geb. Dalheim (1899); 2 Kinder: Clayton Schott, geb. 1924, und Janet Schott, geb. 1931.
6. Kate Trost, geb. 1871   

 

Dokument 2: Brief der Emma Trost an ihre Schwiegermutter Johanna Trost aus Buffalo (New York), 1876 (in: 31/3107)

 

Buffalo Dez. 10th 1876
Theure Schwiegermutter!
Schon lange war es unser sehnlicher Wunsch etwas von Ihnen zu hören, die Freude aber war uns nicht vergönnt. Vor 2 Jahren schrieb Johann, mein lieber Mann und unser ältester Sohn Louis zu Weihnachten einen Brief welcher unbeantwortet blieb, und letztes Jahr schrieb Karl wieder u. ebenfalls blieb dieser unbeantwortet. Ich meines Theils verzieh Ihnen dieses, da ich von Karl hörte, daß Sie nicht schreiben können aber Karl meinte Sie könnten ja schreiben lassen. Nun hoffe ich, daß Ihnen die Zeilen in guter Gesundheit und im kräftigen Vertrauen an den Geber alles Guten antreffen.
Mit trauerndem Herzen muß ich Ihnen zu wissen thun, daß in unserem Familienkreiß eine große Veränderung eingetreten ist, mein guter Karl ist nehmlich von meiner Seite u. aus unserer Mitte gerissen worden.Er starb nehmlich am 11th November 1876 dieses Jahres nach kurzem aber schmerzlichem Leiden. Unvorbereitet auf ein solches Schicksal bin ich u. sind wir alle beinahe untröstlich, obwohl Karl schon etliche Jahre nicht mehr gesund u. stark war aber auf einen solchen Fall, in dem Karl starb war keine Ahnung bei uns vorhanden. Karl legte sich Abends gesund u. munter ins Bett, um Mitternacht muß Er aufgestanden sein u. die Gaasröhre aufgedreht haben u. hat sie vergessen abzudrehen, u. ging wieder ins Bett. Und als ich ihn fand den anderen Morgen, da Karl gewohnt war lange zu schlafen, so war er besinnungslos, u. ist auch mehr zu sich gekommen u. starb am 11th November Nachmittag 3 Uhr. Unser Verlust ist sehr groß u. hart für mich, aber im Vertrauen auf den lieben Gott ohne den ja kein Haar von unserem Haupte fällt, u. der ein Vater der Waisen u. ein Versorger der Wittwen ist, hoffe auch ich meine 6 Waisen zu erziehen.Mein ältester Sohn Louis  16 ½ Jahre alt, der zweite 14 Jahre alt Adolph, der dritte 11 Jahre alt Oskar, der vierte 9 Jahre alt Wilhelm, u. zwei liebe Mädchen, die älteste Emma u. die kleine Katherine, der Liebling meines Mannes 5 Jahre alt; so stehe ich nun allein, mit meinen Kindern Ich gedenke unser Geschäft, den Kaufladen fortzuführen, da meine Kinder bald im Stande sind, mir unter die Arme zu greifen. Wilhelmine hat uns vor etlichen Jahren auch geschrieben, aber Karl hat ihr nicht geantwortet, ich werde das versäumte bald einholen. Von Adolphine haben wir lange nichts gehört, Sie hätte gewiß Zeit zu schreiben. Oskar wohnt in Buffalo in der gleichen Straße wo wir wohnen. Auch er ist gesonnen, der Alten Mutter zu schreiben. Er hat eine liebe Frau und zwei Kinder. Das erste ist todtgeboren, das zweite lebt, das dritte ist gestorben u. das vierte lebt. Oskar treibt das Malergeschäft obwohl das Geschäft u. überhaupt alle Geschäfte jetzt sehr schlecht gehen. Es ist jetzt alles schrecklich theuer hier. Die Kartofel haben noch nie einen solchen Preis gehabt wie jetzt 1 Dollar u. 10 Cent die Buschel das sind ungefähr 1 fl 10 Kreuzer das Simri [= 1/8 Scheffel] das Mehl kostet 7 –8 Dollar das Barell [barrel = Faß]. Kleidung ist billig aber Leute haben kein Geld zu kaufen. Nun möchte ich Ihnen bitten mir diesen Brief nicht unbeantwortet zu lassen, da ich mich sehr sehne von Ihnen etwas zu hören. Indessen leben Sie wohl und sein Sie herzlich gegrüßt u. geküßt von Ihrer in Liebe verbundenen Schwiegertochter
Emma Trost nebst 6 Kindern
Adolphine soll mir auch schreiben Ich hätte Ihr schon längst geschrieben aber Karl dachte Ihr Mann werde von Zeit zu Zeit versetzt u. so wußten wir doch nicht wie Adresieren.

Ich gratuliere Ihnen zum neuen Jahr u. wünsche daß Sie noch lange u. ebenfalls gratuliere ich Ihnen zu Ihrem 75th Geburtstag u. wünsche Ihnen viel Glück u. Segen

 

Dokument 3: Brief von Wilhelmine Schenk geb. Trost aus Wien an ihre Schwester Adolfine Bayer, 1869 (in: 31/3107)

 

Wien, den 23. Mai 1869
Liebe Schwester u. Herr Schwager!
Das Geld habe ich richtig erhalten 206 fl wovon ich Karoline 103 fl gegeben habe mir laßen uns bei der Mutter bedanken und bei dir bedanke ich mich noch für deine Mühe die du gehabt hast es freute uns daß du in österreichischen Banknoten geschickt hast so haben wir nichts verlieren dürfen Montag gehen wir zum Geistlichen und fragen wegen der Karoline damit sie bald heuratten kann damit er uns die Wege sagt die sie zu machen hat ich glaube daß sie in 6 Wochen alles wird haben ihre Hochzeit hält sie bei mir weil der Albrecht ihr Beistand wird ich freue mich darauf daß sie ihr Ziel erreicht.
Neues muß ich dir schreiben daß ich nun Dienstag von Oskar einen Brief erhielt worin er mir bittere Vorwürfe macht daß ich ihm seinen Brief nicht beantwortet habe aber seit August vorigen Jahres keinen erhalten hab ihm im Sept. zu seinem Geburtstag meine so wie Albrechts Fotographie geschickt habe aber keine Antwort erhalten und in diesem Brief was er mir jetzt schickt thut er keine Erwähnung  so denke ich er hat ihn nicht erhalten ich begreife nicht daß die Briefe sollen verloren gehen auch schreibt er mit daß er nicht mehr nach Europa kommt in dem er im Sinn hat sich zu verehelichen und zwar an seinem Geburtstag will er Hochzeit machen Sie ist eine Sechsin und um 11 Jahre jünger wie er Sie soll hübsch und ein braves Mädel sein ich wünsche ihm von Herzen Glück.
Liebe Schwester! Wenn du mir bald wieder schreibst werde ich warten wegen Oskar denn ich schreibe kommende Woche und wegen der Quittung über dieses Geld da sei unbesorgt ich kann so Gott will im Monat August hinaus auf Besuch dann werden wir es dorten schriftlich machen und von Karoline bringe ich es mit denn ich will abwarten bis Karoline geheiratet hat und bis 1 ten August reumen wir unsere Wohnung da muß ich auch dabei sein sonst wird mir an den Möbeln so viel verwirt und wenn ich schon so viel Geld ausgebe möchte ich auch etwas genießen bis dorthin ist dann das Obst reif in Wien kann mann ja gar nichts genießen weil alles enorm theuer ist Kirschen haben wir schon durch 14 Tage aber 1 Pfund kostet 16 kr.
ich wünsche daß dich mein Schreiben bei guter Gesundheit antreffen möge
Sei herzlich gegrüßt u. geküßt von deiner Schwester Wilhelmine
die Mutter so wie deinen Mann lassen wir alle grüßen
Karoline sowie Albrecht

 

Dokument 4: Brief von Wilhelmine Schenk geb. Trost an ihre Schwester Adolphine Beyer geb. Trost, 1880 (in: 31/3107)

 

Wien den 5. August 1880
Liebe Schwester u. Schwager
Wir wurden sehr überrascht von unserer Mutter ihrem Tode da wir keine Antwort auf der Karoline ihren Brief erhalten waren wir der Meinung daß unsere Mutter sich von dem Schlaganfall erholt und sich wieder gesund befindet der Tod kam uns unerwartet schnell doch es ist besser der liebe Gott hat ein Ende gemacht als daß sie so lange leiden muß und an keine Genesung zu denken ist. aber ich bitte dich schreibe uns alles  genau wie Ihr in letzter Zeit war und ob Sie Ihr Ende nahe fühlte ob ihre Sterbestunde leicht und ob Sie bei Bewußtsein war du kannst dich mit dem trösten daß du bei ihrem Tode bei ihrer Leiche und überhaupt ihr das letzte gethan und wir in weiter Ferne nicht einmal ihrem Leichenbegängnis beiwohnen konnten.
Was mich anbelangt bin ich immer noch recht krank und habe auch keine Hoffnung daß ich mehr gesund werde denn bei mir ist Kummer und Kränkung auch viel Schuld denn es ist keine Kleinigkeit seit 17. April liegt mein Mann schon schwer krank an Gelenksentzündung im Bett und der Doktor sagt vor Weihnachten gebe er mir keine Hoffnung daß er aufstehen kann diese Krankheit nimmt meistens einen tödlichen Ausgang aber er gibt Hoffnung da er jung und kräftig und in seinem Leben nicht viel Krankheit durchgemacht wird er wieder genesen jetzt kannst du dir aber denken wann der Ernährer liegt das Weib selbst krank von was leben das muß man mitmachen dann kann man empfinden wie einem zu Muthe ist.
Was Karoline anbelangt ist Sie so weit gesund und bis März bekommt Sie Zuwachs. – Ihre Kinder sind gegenwärtig über die Ferien in Ungarn Arpad ist in die 5te Klasse aufgestiegen er ist ein besserer Schüler.
Lebe recht wohl und tröste dich und denke auch wir müßen einmahl wenn unsere Uhr abgelaufen denselben Weg ziehen wir können nichts thun als unsere Mutter in unser Gebet einschließen thue auch du dasselbe wird der liebe Gott dein Herz erleichtern und nun bitte [ich] dich nochmals mir recht bald zu schreiben aber alles genau und nun seid herzlich gegrüßt von Eurer Schwester und Schwägerin
Wilhelmine von meinem Mann u. Karoline viele Grüße
Wienergasse 19
Thür 13
Margarethen

 

Dokument 5: Brief von Wilhelmine Schenk geb. Trost aus Wien an ihre Schwester Adolphine Bayer in Sulzdorf (aus: 31/3107)

 

den 6. Sptb. 1880
Liebe Schwester u. Schwager!
Deinen Brief samt Vollmacht erhielt ich aber du schreibst mir gar nicht in was der Nachlaß unserer verstorbenen Mutter besteht und da ich gestern beim Notariat war und mich erkundigte so gab mir der Herr Notar den Auftrag ihr sollt mir zuerst schreiben in was der Nachlaß besteht u. wie das Inventar nach dem Tod unseres verstorbenen Vaters war das müße ich und er wißen denn die Vollmacht müße auf das ausgestellt werden ich muß zwei Zeugen mitbringen die der Herr Notar kennt und die Vollmacht auszufertigen samt Stempel u. Schreibgebühr samt Legalisierung kostet uns 6 fl er glaubt wohl es wäre am besten wenn ich selbst hinaus reisen möchte da ich aber immer noch recht leidend bin und meinen Anfall von Brustschmerzen häufig bekomme so kann ich nicht wohl allein die Reise unternehmen denn 1 – 2 Tage ist mir leidlich und dann gleich wieder 8 Tage muß ich das Bett hüten  gehen kann ich sehr wenig habe ich hier einen Gang zu machen fahre ich mit der Pferdebahn so bin ich nicht angestrengt doch ich hoffe daß du mir bald schreiben wirst und alles genauer und diese Vollmacht können nicht brauchen wegen Karoline so schicke uns eine andere und benachrichtige uns wann der Verkauf des Nachlasses ist und schicke uns auch eine Zeitung damit wir es auch lesen sehr gern möchte ich dabei sein heute ist Karolines Geburtstag und sie ist bitterböse auf dich weil du ihr das Geld nicht vorgestreckt hast.
Ich wünsche daß dich mein Schreiben gesund antreffen möge und nun lebe recht wohl und sei herzlich gegrüßt von deiner Schwester und Schwägerin
Wilhelmine & Anton
 

Quellen:
* Stadtarchiv Schwäbisch Hall 31/3107;  76/945.
* Staatsarchiv Hamburg, Hamburger Passagierlisten, 1850-1934, Bestand373-7 I,VIII (Auswanderungsamt I) Mikrofilmrollen K 1701- K 2008, S 17363 – S 17383, 13116 – 13183.
* Records of the Bureau of the Census, Record Group 29. National Archives, Washington, D.C. NARA web page: Note: Enumeration Districts 819-839 on roll 323(Chicago City); Jahr: 1900; Twelfth Census of the USA; Census Place: Buffalo Ward 17, Erie, New York; Roll: 1029; Page: 11B; Enumeration District: 0129; FHL-Mikrofilm: 1241029; Jahr: 1900; Twelfth Census of the USA; Census Place: Buffalo Ward 4, Erie, New York; Roll: 1025; Page: 5A; Enumeration District: 0035; FHL-Mikrofilm: 1241025; Jahr: 1910; Eleventh Census of the USA; Census Place: Buffalo Ward 3, Erie, New York; Roll: T624_941;Page: 11B; Enumeration District:0023; FHL-Mikrofilm: 1374954; Year: 1920; Fourteenth Census of the USA; Census Place: Buffalo Ward 5, Erie, New York; Roll: T625_1100; Page: 13B; Enumeration District: 51; Image: 893; Jahr: 1930; Fifteenth Census of the USA; Census Place: Buffalo, Erie, New York; Roll: 1422; Page: 8A; Enumeration District: 17; Image: 692.0; FHL-Mikrofilm: 2341157; Jahr: 1940; Sixteenth Census of the USA; Census Place: Buffalo, Erie, New York; Roll: T627_2839; Page: 10A; Enumeration District: 64-525; Jahr: 1940 Sixteenth Census of the USA; Census Place: Buffalo, Erie, New York; Roll: T627_2823; Page: 4B; Enumeration District: 64-30.

 

Abbildung: Taufschein der Ev. Pfarrei St. Matthäus in Buffalo NY für Clara Katharina Trost, 1881 (aus: Stadtarchiv Schwäbisch Hall 76/945)

 

Text und Transkriptionen: Margret Birk, Daniel Stihler

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